Altanschließer-Problem wird zum Kabarettstoff | LR 28.05.2015

Gemeinschaftsprogramm mit den Komöten bei der TheaterNative C:
Darf man über das Altanschließer-Problem lachen? Man darf. Im neuen Kabarett-Programm der TheaterNative C am Dienstagabend bekamen aber nicht nur die Lokalpolitiker ihr Fett ab. Auch die Bundespolitik wurde durch den Kakao gezogen – überwiegend zum Amüsement des Publikums.

Ungeschminkte Wahrheiten verspricht die Kleine Komödie und macht sich an die kleine Form der darstellenden Kunst, die großen Atem braucht, wenn sie der Gesellschaft den Spiegel vorhalten und gleichzeitig gut unterhalten will.
Euro-Krise, Flughafen BER, Unterschichtenfernsehen – Hans Anacker, Autor der meisten Szenen, teilt nach allen Seiten aus. Dabei hat er manch pfiffige Idee. "Gescheiterte deutsche Großbauprojekte" wie Flughafen BER, Elbphilharmonie oder Stuttgarter Bahnhof in einer Lego-Bausteinserie zusammenzufassen, das hat durchaus Pfiff. Harmlos ist da nichts, manches eher hart an der Grenze nach dem Motto "Satire muss piesacken", wie das Sackhüpfen im Minenfeld oder Frau Merkels Weltherrschaft to go.
Die Szenen, nach denen sich die Leute vor Lachen biegen, sind rar. Das macht gar nichts, weil sich fast ständig ein sanftes Schmunzeln auf den Gesichtern findet. Bei der Talkshow mit Lokalpolitikern hingegen, die den zweiten Teil eröffnet und wohl zum Schenkelklopfen einladen soll, bleibt den Zuschauern häufig das Lachen im Halse stecken. Es ist eben ein Unterschied, Missstände oder auch das Fehlverhalten Einzelner auf die Schippe zu nehmen oder Leute wegen persönlicher Charakteristika dem Spott auszusetzen.
Glücklicherweise bleibt das an dem Abend die Ausnahme. Vielmehr gelingt es Regisseur Hans Anacker, Profis und Laien zu einem recht homogenen Ensemble zusammenzuführen, das sich die Bälle zuspielt.
Die schönsten Soloszenen hat zweifellos Suzanne Kockat. Als russische Putzfrau Olga leistet sie ein wahres Kabinettstück und vermittelt zudem manch unbequeme Wahrheit. Wie die der um sich greifenden Sparwut im Kultursektor geschuldete Erkenntnis: "Wir werfen Blumen auf die Bühne, und ihr werft die Künstler auf die Straße."
Doch auch Anika Fritsche spielt sich ganz schnell frei und zeigt neben viel Stimme und schauspielerischem Talent eine erstaunliche Bühnenpräsenz. Die BTU-Studentin kommt genauso wie der Angestellte Thomas Mietk von den Komöten, einer Cottbuser Laiengruppe, die vor ein paar Jahren unter der Leitung des damaligen Sängers am Staatstheater, Hans Anacker, als Studententheater begonnen hat.
Thomas Mietk hat seine Glanzpunkte in den Arbeitsamt-Szenen, in denen er umsonst um ein Job-Angebot ringt und sich statt dessen durch einen wahren Bürokratiefilz kämpfen muss.
Heiko Selka gibt den kauzigen Protestler, der sich als Opportunist entpuppt. Mitreißend wird sein Auftritt dann, wenn er zur Gitarre greift und nach einer Udo-Jürgens-Melodie vom "Griechischen Schein" oder nach einem Dschinghis-Khan-Song vom "Alt-Alt-Altanschluss" singt. Damit erntet Selka die meisten Beifallspfiffe des Abends.

Ulrike Elsner | ▷ Artikel in der Lausitzer Rundschau nachlesen.